2024-09-15

Der See ist größer als zuvor gesehen und er hat nur einen Schiff

Am Freitag, den 13. September fand der zweite Zukunfts(t)raum - eine Ideenwerkstatt der Nachbarn aus der Westvorstadt, diesmal in dem großzügigen Elisabethensaal des Pfarramtes statt. Gleich am Anfang konnten wir beim Blick aus dem Fenster entdecken, dass der Raum des August-Frölich-Platzes sich eigentlich bis hierher erstreckt!

Raumwahrnehmungsmodelle kurz skizziert

Der diesmalige Workshop wurde von Stella, einer Expertin für Geokultur geleitet. Der Ansatz der Geokultur ist es, den Raum von sich aus aktiv mit allen Sinnen wahrzunehmen, anstatt nur auf die Form zu achten. Nach einer Vorstellungsrunde und einer spannenden Einführung in die geokulturelle Sichtweise begaben sich die rund 20 Teilnehmer auf den Platz, um ihn über eine erweiterte Wahrnehmung zu untersuchen. 



Die gesammelten Erkenntnisse wurden nachher auf einen großen Plan des Platzes im Maßstab 1:50 übertragen. Mit erstaunen konnten wir feststellen, wie der Ort zu uns „spricht“ und uns seine kontrastvolle Seiten aufdeckte: alles zwischen vibrierendem Pflasterbelag, brummenden Bussen im Bereich der „Pfanne“ bis zu raschelndem Lindenlaub und geheimnisvollen Stille an der Südseite der Kirche. Die Teilnehmer waren sich einig: trotz verschiedener Atmosphären, lädt der Ort nicht so wirklich zum verweilen ein. Nur teilweise an den Rändern, mit einem Gebäude im Rücken und vielleicht das grüne Dreieck gaben den Besuchern ein bisschen Halt. Etwas ist also schief. Fehlt dem Platz das Gleichgewicht oder ist das genau seine Funktion, seine Natur, ständig im Fluss zu sein?

Graphische Übertragung der Erfahrung aus der geokulturellen Ortserkundung.

Die Frage entfachte eine lange Diskussion die wir versuchten folgend zu systematisieren.

Der in der Siedlung zentral gelegene Platz erstreckt sich tatsächlich zwischen dem ehemaligen Versicherungshaus und dem Griechischen Restaurant, zwischen Koriat und ehemaligen Mühlhaus, also in alle Richtungen ca. 100m Diameter. Fast zentral dominiert die Kirche den eigentlich runden Platz.
Im Verlauf des kanalisierten Lottebaches ist bis heute ein starkes Gefühl des Fließen spürbar, welches durch den großzügigen Asphalt- „Fluss“ aus Richtung Washington- in die Steubenstraße noch verstärkt wird. Horizontale Richtungen der Bewegung und der Sichtachsen dominieren den Platz. Der Kirchturm schafft es alleine, bzw. aktuell nicht, den Platz zu „erden“.

Die Hecke, welche die Kirche von dem Platz abgrenzt, warf einige Fragen auf. Da sie auf dem öffentlichen Grundstück liegt, verantwortet nicht der Pfarrer ihre Pflege. Eine Idee kursierte in Gesprächen: was wäre, wenn die Hecke komplett weg wäre? Die sich dahinter anstauende Energie wäre frei, das Problem der heimlichen Pinkler wäre weg, die Kirche wäre definiert als das zentrale Element des Platzes, so wie es auch beim Florenz Dom, der mutmaßlichen Entwurfsvorlage, bis heute ist.

Es gab mehrere Versuchungen gleich in Entwurfsideen einzutauchen. Wir versuchten aber immer noch den Schritt zurück zu gehen und vor allem erst den Genius Loci des Platzes zu begreifen. Was wollen wir von dem Platz und was kann uns der Platz geben? Den als negativ empfundenen Bereich der „Pfanne“ versuchten wir auch nicht sofort zu streichen. Ein Teilnehmer erinnerte uns an die zahlreiche Benutzergruppe, die gerade aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens (und Kuchen) vor dem Gebäude gerne herumsitzt. Eine Teilnehmerin hat die Verkehrsfunktion des Platzes unterstrichen. Es waren sich jedoch alle einig, dass die derzeitige Verkehrsfläche schlicht zu großzügig ist und der nördliche gepflasterte Bereich dringend reduziert werden sollte, um das Verkehrsaufkommen besser zu leiten.

In der Frage nach der Ausrichtung und nächsten Schritten der Bürgerinitiative musste die Stadtverwaltung thematisiert werden. Eine erfreuliche Nachricht erreichte uns direkt vor dem Workshop: wir bekamen eine Zuwendung im Rahmen des Lokalen Aktionsplan Weimar für die Durchführung des Workshops. Da wir gleichzeitig einen Antrag auf eine weitere Förderung gestellt haben, abhängig von dem Ergebnis, werden wir vielleicht noch dieses Jahr eine weitere Maßnahme unternehmen können. Geplant für den Fall wird der Bau einer Zukunftsmaschine, die uns helfen soll, den Platz mithilfe der Nutzer weiter zu erforschen.

Eine weitere Teilnehmende erinnerte an den mehrfach ausgedruckten Wünsch, das Platzfest regelmäßig abzuhalten. Hier musste der Autor auf die noch ausstehende Antwort der Stadtverwaltung hinweisen, in welcher Form ein Stadtteilfest unterstützt werden könnte um die sonst privat und teuer zu organisierende logistischen Aufwendungen zu reduzieren.

Eine starke Unterstützung wurde uns von den teilnehmenden Youth Ambassadors (die mit uns die Initiative vor einem Jahr gestartet haben) vorgestellt: dem August-Fröhlich-Platz wird In diesem Semester ein Seminar des Instituts für Urbanistik an der Bauhaus Universität Weimar gewidmet: 

Bleibt geschaltet und merkt euch schon den 27.11.2024 für den nächsten Community Workshop vor.

Der Workshop wurde neben der Gastfreundschaft des Pfarramtes der Katholischen Kirche unterstützt von: 




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